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Die
Geschichte des Schlosses Großfurra 874
wurde Großfurra unter dem Namen "Furari" (wohl:
"Forellenwasser") erstmals urkundlich von Ludwig dem Deutschen erwähnt.
Die Siedlung bestand jedoch schon zuvor, wie aus Bodenfunden hervorging. 1184
wurde Großfurra "Vurre", 1206 "Wurre" genannt. Die Kirche
soll von Bonifatius gegründet worden sein, doch ist dies nicht erwiesen. Im Ort
lag ein befestigter Hof, der der Krone gehörte. Nach der Einsetzung Ludwigs I.
als erblichen Landgraf von Thüringen (gest. 1140), wurde, wohl unter dem Sohn
Ludwig II., an der Stelle des Krongutshofes die Burg Großfurra erbaut, zum
Schutz des Wippertals gegen Sorben und Wenden. Sie war eine Wasserburg mit
doppelten Gräben, Wällen und 2,5 m starken Mauern. In der Mitte steht noch
heute der 30 m hohe Rundturm. Daneben gab es noch zwei kleinere Viereckstürme.
Der östliche Teil der Burg, die Vogtei, war Wohn- und Amtssitz des Amtmanns.
Den westlichen Teil, das "adlige Lehn", bewohnten die "Burgmänner"
(castrenses). Die Vogtei wurde bald "das Schloß" genannt. Im
12. bis 14. Jahrhundert wurden Angehörige des Geschlechts "Varch von Furra"
mehrfach urkundlich als Ministeriale genannt. Nach ihrem Aussterben waren
jeweils mehrere Angehörige der Geschlechter Seebach, Germar, Rüxleben,
Tütgerode,
Werthern und Worm (Wurmb) mit der Burg von den Landgrafen, später von den
Markgrafen, belehnt. Zu den Einkünften gehörten auch von 1398-1499 die Gefälle
des verpfändeten Stadtschulzenamtes und des Geleits und Schlagesatzes von
Nordhausen. Als
erster Burgmann seiner 1173 zuerst genannten Familie wurde in Großfurra
1415-1420 ein Ritter Worm urkundlich erwähnt. Als Bernd der Jüngere
v.Werthern aus Thalheim 1444 dort Amtmann war, wurde mit ihm - neben anderen
Rittern - sein Schwiegersohn Lutze I. Worm (1418-1473) genannt,
kaiserlicher Rat und kurbrandenburgischer Geh. Rat. Er saß auf Tunzenhausen,
Thamsbrück, Wolkramshausen, Rüxleben, Hopperode, Salza, Merxleben und war
Burgmann zu Großfurra und Straußberg. Nachkommen von ihm blieben in 15
Generationen bis 1945 auf Großfurra sesshaft. Von seinen 11 Kindern wurde Lutz II.
(1450-1502) Amtmann in Großfurra, Hersleben und Arnstadt sowie
Schwarzburgischer Marschall und Hofrichter. Er erwarb 1501 kurz vor seinem Tode
unter Verzicht auf das Nordhäuser Schulzenamt und weitere Rechte die Burg mit
allen Besitzungen erbkäuflich. Als
im Bauernkrieg 1525 die Scharen Thomas Müntzers das nahe Erzstift Jechaburg
sowie die umliegenden Klöster, Kirchen und Güter geplündert und zum Teil
angezündet hatten, kam auch eine "starke Rotte" nach Großfurra, die
das dortige Zisterzienser Nonnenkloster und das Schloss plünderten und
"Gewalttaten verübten, aber kein Feuer anlegten". Dem damaligen Schlossherren
Hans Worm (1483-1547), der sich danach mit seiner großen Kinderzahl nur mühsam
erhalten konnte, schenkte sein edelmütiger jüngerer Bruder Lutze seinen
Besitzanteil. Nach der Säkularisation des Klosters belehnte der Herzog
von Sachsen den Oheim des Schlossbesitzers, seinen Hofmarschall Hans Worm d. Älteren,
Bruder von Lutze II, mit dem Klostergut, das aber dann durch Kauf nach und
nach zum Schlossbesitz kam, so dass dieser mit dem angrenzenden "Preußischen
Holz" auf etwa 2000 ha abgerundet wurde. Ein
Enkel Levin Wurmb (1562-1618) brachte von Kriegszügen am Rhein 1584 die ersten
Zwetschenreiser nach Großfurra, von wo sich diese Frucht bald im Lande
verbreitete. Sein Bruder Quirin (1568-1626) erbaute gegen 1600 im Dorf den
"Ritterhof" mit den schönen Fachwerkgebäuden als zweiten
Familienbesitz, zu dem Levin noch den Rüxlebenschen "Cämmererhof" in
Großfurra erwarb. Er starb wie sein Sohn an der Pest, die in Großfurra etwa
350 Opfer forderte, ein Drittel der Einwohnerschaft. Der einzig überlebende
Nachkomme der Brüder, Ludwig (1613-1686), erbte dann den ganzen Besitz. Aber er
erlebte ab 1626 mit der Bevölkerung die ganzen Leiden des 30-jährigen Krieges.
Kaiserlich Merodische, Pappenheimer, Piccolominis und Tillys Scharen, dann auch
die Schweden, um nur einige zu nennen, trieben ständig mit Plünderungen und
Morden ihr gewalttätiges Unwesen. Die Folge waren große Teuerung, Hungersnot
und Krankheiten aller Art, so auch 1635 eine Pockenepidemie. Da die Burg den
modernen Feuerwaffen nicht mehr widerstehen konnte, ließ Ludwig 1637 auf
Anraten des schwedischen Generals Graf Königsmarck neuzeitlichere Befestigungen
anlegen, so dass das Schloss dann unzerstört den Krieg überstand. Von
seinen zwei Söhnen erwarb der jüngere, der sächs. Wirkl.Geh.Rat u.
Hofmarschall Georg Ludwig (1643-1721), von einer Herzogin v.Weimar 1694 das
Rittergut Porstendorf an der Saale bei Dornburg, das in Zukunft das dritte
Wurmbsche Gut des Fideikommisverbandes wurde, während Levin Heinrich das Gut
Bendeleben am Kyffhäuser erwarb, das aber nach zwei Generationen verkauft
wurde. Georg Ludwig legte auf dem Schloß das bedeutende Familienarchiv mit
der Chronik an und veranlaßte Pfarrer und Lehrer seiner Dörfer und Güter, die
Genealogie aller Einwohner zu erforschen. Er schuf auch den der Zeit
entsprechenden Schloßpark. Hochgeehrt starb er 77-jährig. Sein
Sohn, der Braunschschweiger Gen. Ltn. und spätere Kommandant von Hamburg,
Ludwig Heinrich (1677-1762), erbaute den Südflügel des Schlosses anstelle
eines Teiles der baufälligen Vogtei, das sogenannte "Generalshaus",
neu. Er verkaufte seine Güteranteile nach dem frühen Tod seiner Söhne an
seinen Bruder, den Gothaischen Wirkl. Geh. Rat, Ob.Kammerherr u. Ob.Baudirektor,
Exzellenz Friedrich Wilhelm v.Wurmb (1690-1768). Verheiratet war dieser mit
Luise, der Tochter des hannoverschen Ministers Graf v.Schlitz gen. v.Görtz. Von
Friedrich Wilhelms Söhnen wurde Friedrich Ludwig (1723-1801), der 31 Jahre
Minister in Dresden war, Schlosserbe. Sein Sohn Wolf Heinrich (1765-1838), der
Domdechant in Merseburg, erhielt durch Adoption den Namen Wurmb v.Zinck mit dem
Majorat Witzschersdorf bei Leuna. Friedrich Wilhelms Sohn Johann August
(1730-1788), kurbrandenburgischer Kapitän, hatte zwei Söhne Carl (1769-1828)
und Friedrich (1775-1837), die die Begründer der noch heute bestehenden
älteren und jüngeren Großfurraer Linie waren. Sie teilten den Besitz auf: das
Großfurraer Hofgut erhielt Carl und das Schloss Friedrich, der die restlichen
Verteidigungsanlagen und die Zugbrücke beseitigte, den Park im "englischen
Stil" umgestaltete und nach Zuschütten des Wallgrabens für die Dorfstraße
um Schloss, Gutshof und Park eine 5 m hohe Steinmauer baute. Während
des Napoleonischen Krieges wurde 1806 nach der Niederlage bei Jena und Auerstedt
Großfurra durch die Franzosen völlig ausgeplündert und das Schloss verwüstet.
Friedrich konnte sich nur durch die Flucht Schlimmerem entziehen. Es folgten
schwere Jahre der Besatzung. Nach der Wende des Krieges ritten 1813 auch Kosaken
durch Großfurra. Als nach Beschluss des Wiener Kongresses der König von
Sachsen die Hälfte seines Landes an Preußen abgeben musste, wurde auch Großfurra
von 1815 bis 1816 vorübergehend preußisch. Friedrich wohnte mit seiner Familie
auf dem Schloss bescheiden bis zu seinem Tode. Sein
Sohn Eduard (1802-1885), Fürstl. Schwarzburg-Sondershäuser Regierungsrat,
Schlosshauptmann und Kammerherr sowie Deputierter des Landtages, ließ den
letzten Rest des Wallgrabens im Osten zuschütten, dort entstand ein
Blumengarten. Im Anschluss an das Generalshaus baute er das sogenannte
"Neue Haus", um Platz für einen weiteren Haushalt zu schaffen. 1848
erlebte er in Großfurra die Revolution, wobei bei den Auseinandersetzungen auch
auf ihn geschossen wurde. Sein
Sohn, Oberstltn.Georg (1832-1896), veranlasste 1887 u.a. den Umbau der
Bibliothek und 1888 die Reparatur einer mannsgroßen Ausbuchtung im Turm und die
Neubeschieferung des Turmaufsatzes, sowie des ganzen Westflügels, wobei alte
Schieferplatten mit eingeritzten Jahreszahlen aus Anfang des 17. Jahrhunderts
gefunden wurden. 1893 wurde auf dem Wirtschaftshof ein neues dreistöckiges
Inspektorhaus mit 200 Quadratmetern Grundfläche gebaut. Mehrere Brandstiftungen
bei Scheunen und dem auf der sogenannten "Heide" gelegenen Vorwerk
verursachten großen Schaden. Trotzdem war es eine sehr gastfreundliche Zeit.
Davon zeugt das Fremdenbuch, das in 8 Jahren 257 Namen von Gästen, darunter den
des Großherzogs von Oldenburg, Friedrich August, nennt. Als
Georg starb, erbten seine Söhne Hans (1866-1919) und Job (1875-1925) den väterlichen
Stammteil des Schlossgutes. Sie begannen 1897 mit der Renovierung des älteren
Schlossflügels, dessen "Wände Hunderte von Jahren Wind und Wetter
getrotzt hatten und sich nun beugten wie Alternde". Gleichzeitig wurde der
Speise- und Festsaal, der sogenannte Rittersaal, auf 72 Quadratmeter erweitert
und im Renaissancestil mit Schmuckfenstern ganz neu ausgebaut. Die Nordseite des
Bergfrieds erhielt einen ins Archiv führenden Anbau mit einem Erker in
Turmform. Auch wurde ein kleines Guts-Elektrizitätswerk errichtet. 1912 wurden
der Schlosspark und der Garten neu gestaltet, wobei auf "tunliche Erhaltung
der alten Baumbestände, auf zweckmäßige Ausnutzung des hügeligen und
wasserreichen Geländes und auf Miteinbeziehung von Fernblicken Rücksicht
genommen wurde". In
diese Zeit fällt als besonderes Ereignis die Beisetzung von Volkmar v. Wurmb -
Porstendorf im Großfurraer Erbbegräbnis. Er war ein enger Freund des
Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen gewesen, der mit ehemaligen Kameraden
vom Ersten Garderegiment und Mitgliedern des Kaiserhauses dort von ihm Abschied
nahm. Nach
dem ersten Weltkrieg verstarben Hans und Job beide früh. Ihren gemeinsamen
Besitz erbten die drei Söhne von Hans, Dietrich (1899-1963), Hans-Joachim
(1902-1956) und Gerhard (1903-1986). Dietrich und Gerhard wohnten mit ihren
Familien bis zur Vertreibung im Schloss. In
die Kriegswirren fiel, fast unbeachtet, das Jahr 1944, in dem vor 500 Jahren der
eingangs erwähnte Lutze I. Worm mit der damaligen Burg zu Großfurra mitbelehnt
wurde. Die
weitere Entwicklung veränderte sich durch die Folgen des verlorenen Krieges völlig.
Großfurra wurde während der Kriegshandlungen im April 1945 beschossen, wobei
auch der Schlossturm getroffen wurde. Der Ort wurde zuerst von den Amerikanern
besetzt, die Wurmbschen Familien und alle dort wohnende Flüchtlinge mussten das
Schloss vorübergehend gänzlich räumen. Mit
dem Abzug der Amerikaner aus Thüringen und der anschließenden Besetzung durch
die Russen wurde Deutschland geteilt, und die Großfurraer Güter wurden
enteignet, ihre Besitzer vertrieben. Das Schloss wurde von Vertretern der
damaligen neuen Machthaber privat geplündert, die 500 m lange Schlossmauer
abgerissen und für die Fundamente einer Neubausiedlung auf der
"Heide" verwendet. Park und Garten wurden teilweise zugebaut. Im Schloss
wurden zuerst Flüchtlinge, dann ein Altenheim und Kindergarten untergebracht.
Der restliche Park verfiel, ein Teil der schönen alten Bäume wurde gefällt.
Die Wurmbsche Beisetzungskapelle mit der Gruft und den Särgen der
Familienmitglieder wurde katholische Kirche und überstand die Wirren der Zeit
durch das Engagement weniger Gläubiger. Die alte wertvolle
Bibliothek ging verloren, das bis 1322 zurückreichende Familienarchiv wurde
nach Irrfahrten in das Rudolstädter Staatsarchiv eingelagert und dort dann
wieder geordnet.
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11.10.2015